Literatur in der Josefstadt – der Österreichische Buchklub der Jugend

In der Josefstadt haben zahlreiche Schriftsteller:innen (z. B. Stefan Zweig, Hugo Bettauer u.v.a.) ihre Werke geschrieben und auch hier im Bezirk gelebt. Zum Thema „Literatur in der Josefstadt“ sollte daher der Österreichische Buchklub der Jugend, der seine ursprünglichen Büroräume im Jugendstil-Haus Fuhrmannsgasse 18a/Ecke Florianigasse 39 hatte, nicht unerwähnt bleiben. Heute befindet sich in dem Eckgebäude das bekannte Lokal „Tunnel Vienna Live“.

von Andrea Skvarits

Zur Geschichte des Buchklubs der Jugend

Im Jahr 1947 wurde Dr. Richard Bamberger, damals Deutschlehrer am Piaristengymnasium, von einem Vortrag über das Kulturleben in den USA und über einen „Book Club for Young People“ inspiriert, was ihn dazu motivierte, eine ähnliche Institution auch in Österreich zu gründen. Sein großes Ziel war, Kinder und Jugendliche zur Literatur zu führen. Dr. Bamberger begann konkrete Pläne zu schmieden, wie Verlage, Buchhändler:innen, Lehrer:innen, Eltern und Jugendverbände miteinander zusammenarbeiten sollten.

Am 25. Februar 1948 gründete ein hauptsächlich aus Beamten im Schulbereich (Lehrer:innen, Schulinspektor:innen, Ministerialbeamte) bestehendes Komitee unter der Leitung von Dr. Richard Bamberger im Alten Rathaus die „Österreichische Jugendbuchgemeinschaft“. Nach langwierigen Sitzungen mit Verleger:innen und Buchhändler:innen, die anfangs Konkurrenz befürchteten, sowie mit dem Unterrichtsministerium änderte die Buchgemeinschaft ihren Namen in Österreichischer Buchklub der Jugend und nahm am 15. September 1948 ihre Tätigkeit auf. Noch im Herbst konnten die Arbeitsräume in der Fuhrmanngasse 18a in der Josefstadt bezogen werden.

Mit Hilfe eines guten Buches sollte den Kindern und Jugendlichen eine positive Weltanschauung und das Ideal der Friedensliebe und der Demokratie nähergebracht werden. Dr. Richard Bamberger wurde zum Generalsekretär gewählt, diese Position behielt er bis 1981.
Im Jahr 1965 gründete Bamberger das Internationale Institut für Jugendliteratur- und Leseforschung, 1988 das Institut für Schulbuchforschung und Lernförderung. Als dessen Direktor schied er 2001 aus dem Amt.

Die Auswahlliste

Erste Aufgabe des neuen Vereins war die Auswahl guter österreichischer Jugendbücher. Eine Arbeitsgemeinschaft aus Lektor:innen prüfte die von österreichischen Verlagen eingereichten Jugendbücher und legte jene ersten 12 Auswahlbücher fest, die von den Mitgliedern zu einem um 25 % ermäßigten Preis im Buchhandel gekauft werden konnten. Der Mitgliedsbeitrag betrug zunächst 50 Groschen im Monat, der Mitgliedsausweis ähnelte einem amtlichen Führerschein. 4.000 Mitglieder konnten im ersten Jahr gewonnen werden.

Nach und nach erkannten auch die Verlage und der Buchhandel den Wert des Buchklubs, und am 30. Jänner 1951 wurde zwischen dem Buchklub und dem Hauptverband des Buchhandels jener Vertrag unterzeichnet, der jahrelang die Basis für die Kooperation war. Bis zum Jahr 1958 wuchs die Zahl der Bücher in der Auswahlliste auf 130 Titel an. Das Prozedere blieb über viele Jahre gleich: Eine Expert:innenkommission prüfte jährlich die von Verlagen eingereichten Titel, vergab an die Verlage „Plätze“ und legte die Buchtitel für die Auswahlliste fest.

© Österr. Buchklub der Jugend

Das Jahrbuch

… „Ich bin das Jahrbuch und ich habe große Angst, dass ihr mich auslacht, weil ich so klein und unscheinbar bin.“ …

Mit diesen Worten beginnt die Erfolgsgeschichte des Buchklubs. Das erste Jahrbuch für die Acht- bis Vierzehnjährigen hatte einen Umfang von 64 Seiten und enthielt vor allem Leseproben aus Jugendbüchern, die berühmten „Anlesetexte“, die dann abbrachen, wenn es am spannendsten wurde.
Das Jahrbuch wurde von den Schulbehörden als Klassenlektüre zugelassen und ersetzte an vielen Schulen die alten Leih-Lesebücher aus den „Schülerladen“. Anfangs gab es ein Jahrbuch für alle Schulstufen und Typen. Zehn Jahre später verlegte der Buchklub bereits fünf nach Schulstufen gestaffelte Jahrbücher, ab 1966 gab es bis 1991 zwölf Ausgaben – alle nach dem Prinzip der spannenden „Anlesetexte“ aus den „Auswahllisten-Büchern“. Das Jahrbuch als Lesebuch und die Auswahlliste waren über Jahrzehnte das Erfolgsrezept des Buchklubs.

„Schundheftln“

Nach dem Zweiten Weltkrieg sahen die Österreicher:innen einen neuen Feind in den „Schundheftln“ – meist aus den USA importierte und in Deutschland übersetzte und gedruckte billige Western-, Comic- und Krimihefte, die Kinder unter der Schulbank und Bettdecke heimlich verschlangen.

Da bis in die 50er Jahre hinein Papier für Druckwerke von staatlicher Stelle zugeteilt wurde und der Buchklub – im Gegensatz zu manchen Produzenten kommerzieller Produkte – um seine Zuteilungen kämpfen musste, kampagnisierte auch Dr. Bamberger mit seinen Mitstreiter:innen gegen „Schmutz und Schund“: Abenteuer-, Liebes- und Kriminalgeschichten billiger Machart oder reißerische Bildillustrierte wurden für moralischen Verfall verantwortlich gemacht. 1955 gab es eine Aktion „mit dem Auftrag an den Gesetzgeber, keinen Verkauf von Comics an Jugendliche unter 16 Jahren zuzulassen.“

Aus dem Nähkästchen erzählt ein Buchklub-Mitarbeiter folgende Anekdote: Beim Umzug aus der Fuhrmannsgasse wurde ein ehemaliger Kollege mit der Räumung des Kellers betraut. Dort waren all die Comics und Groschenromane gestapelt, die der Buchklub im Rahmen von Umtauschaktionen als Teil der Kampagnen gesammelt hatte. Damals ließ der Mitarbeiter das Lager entsorgen. Als er einem Comic-Sammler davon erzählte, stiegen diesem Tränen in die Augen, ob der Werte, die dadurch verloren gegangen waren.

Die Organisation des Buchklubs

Für den Durchbruch der Idee „Buchklub“ war u. a. der Erlass des Unterrichtsministeriums mitverantwortlich, dass an allen Schulen ehrenamtliche Buchklub-Referent:innen installiert werden durften – bis heute sind sie die Basis des Buchklubs. Nach und nach erlangte der Buchklub dadurch eine Stellung als „Quasi-Schulbehörde“. Ähnliche Bedeutung hatte später der Erlass 1975, der die Buchklub-Medien ausdrücklich für den Einsatz im Unterricht empfahl. Aus beiden Erlässen wurde der Buchklub-Erlass, der seither regelmäßig erneuert wurde und unverändert aktuell ist.

Der Buchklub Heute

Leitbild

Lesen ist eine Schlüsselqualifikation, um sich die Welt zu erschließen, sich im Alltag zu orientieren und die verschiedenen Informations- und Kommunikationsmedien bewusst zu nutzen. Es ist die Basiskompetenz für eine selbstbestimmte Lebensführung und eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Der Österreichische Buchklub der Jugend ist

  • Österreichs größte Non-Profit-Organisation zur Leseförderung, ein sozial engagiertes Lesenetzwerk mit ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen in Schulen, Kindergärten, Bezirken und Ländern
  • ein Verlag für Produktion und Vertrieb von Jugendmedien
  • und eine Servicestelle für Lesepädagogik mit über 70 Jahren Erfahrung

Die Jahrbücher

Was seit der Gründung des Buchklubs unverändert geblieben ist, sind die Jahrbücher. Sie bieten nach bewährtem Konzept acht Auszüge aus aktueller Kinderliteratur mit Übungen vor, während und nach dem Lesen. Dazu gibt es differenzierte Online-Zusatzmaterialien. Die Kapitel folgen dem Jahreskreis und bieten genug Anlässe, um sprachliche Bildung und Lesekompetenz zu fördern.

Nach wie vor arbeitet der Österr. Buchklub der Jugend daran, junge Menschen zum Lesen zu motivieren; ganz re.: Dr. Bamberger; © Österr. Buchklub der Jugend

Was die Jahrbücher den Kindern bieten

  • Einblick in aktuelle Kinderbücher, um die Freude am Lesen zu entwickeln und ein eigenes Lieblingsbuch zu finden
  • viele Übungen und Anregungen, um sich mit dem Gelesenen auseinanderzusetzen

LESEFIT-Übungshefte

Die Buchklub-Reihe LESEFIT, ein Programm fürs Lesetraining, enthält zwei neue Übungshefte, in denen die Kinder direkt arbeiten. Sie helfen, die Lesekompetenz zu steigern und begleiten durch das ganze Schuljahr.

Die BUCHKLUB-Schule

Schulen erhalten das Gütesiegel als Buchklub-Schule, um ihr Engagement in Sachen Leseförderung und Lesemotivation nach außen sichtbar zu machen. So bekennen sie sich zur Lesecommunity des Buchklubs.

Der Buchklub arbeitet daran, die Schüler:innen durch die angebotenen Kinder- und Jugendmagazine aufs Lesen neugierig zu machen. Sie sollen beim Lesenlernen unterstützt werden und ihre eigenen Leseinteressen sollen geweckt werden. Ziel ist es, sie in die Welt der Bücher und zum digitalen Lesen zu führen.

PädagogInnen werden mit Materialien nach den neuesten Erkenntnissen der Leseforschung und entsprechend der Bildungsstandards unterstützt. Sie erhalten außerdem Informationen und Möglichkeiten der Fortbildung zur Leseförderung und Kinder- und Jugendliteratur. Mit den Angeboten des Buchklubs gelingt es, Leseförderung und Lesemotivation – wissenschaftlich auf dem neuesten Stand – miteinander zu verknüpfen und gut in den Unterricht zu integrieren.

Auch den Eltern soll ihre Rolle als Lesevorbild und Lesepartner ihrer Kinder bewusst gemacht werden. Der Buchklub bietet Medien zum Vorlesen und Lesen mit Kindern an.

Die Zentrale des Buchklubs befindet sich nun im „Kinderliteraturhaus“ in der Mayerhofgasse 6 im vierten Bezirk. Seinem Kerngedanken bleibt der Klub auch heute verpflichtet.

Österreichischer Buchklub der Jugend
Mayerhofgasse 6, 1040 Wien
info@buchklub.at
www.buchklub.at