Urlaubsplan BUCH

Seit der Corona-Krise ist vieles ungewiss – besonders hinter den Urlaubsplänen stehen große Fragezeichen. Eines ist jedoch gewiss: Lesen kann man da und dort – mit dem einen oder anderen Buch auf Reisen gehen, während der Körper auf dem Sofa bleibt!

Kein anderer Bezirk hat eine auch nur annähernd so hohe Schriftstellerdichte wie die Wiener Josefstadt. Aber auch die Anzahl an Verlagen und Buchhandlungen ist überdurchschnittlich. Wir begeben uns auf eine Bücherreise mit Autorinnen und Autoren, die im Achten leben, und blättern in den aktuellen Buchprogrammen der Josefstädter Verlage.

Mordsgeschichten

Vorerst bleiben wir in Wien. Andreas Plammer ist nicht nur Präsident der Dialekt-Autor*innen (ÖDA), sondern hat auch den viel beachteten Kriminalroman „Fauler Zauber“ im Milena Verlag veröffentlicht. Josefstädter Autor veröffentlicht in einem Josefstädter Verlag – das ist natürlich die ideale Kombination, um unserem Slogan #bleibinderjosefstadt gerecht zu werden. In der amüsanten „Mordsgeschichte“ begibt sich sein Protagonist Harald mit uns ins Wiener Rotlichtmilieu.

Mordsmäßig geht es auch in El Awadallas erstem Krimi „Zu viele Putzfrauen“ zu, einer prallen Milieustudie Wiens mit viel Herz, Humor und Dialekt. Die vielseitige Autorin hat schon mehrere Werke im Milena Verlag veröffentlicht und war, wie Plammer jetzt, Vorsitzende der ÖDA. Geplant ist eine Präsentation von „Zu viele Putzfrauen“ am 1. Oktober 2020 im Café Anno (8., Lerchenfelder Straße 132). Der Milena Verlag wird heuer 40 Jahre – dazu gratulieren wir sehr herzlich!

Christian Schleifer startet aus der Josefstadt in seine frühere Heimat. Der aus Perchtoldsdorf stammende Schriftsteller ist mit einer „waschechten“ Josefstädterin verheiratet und lebt seit rund 25 Jahren im Achten. Mit seinem Debüt-Kriminalroman entführt er uns zu den Sommerspielen nach Perchtoldsdorf, die heuer ebenfalls nicht wie gewohnt über die Bühne der ehrwürdigen Burg gehen, und liefert sozusagen ein nicht minder unterhaltsames Ersatzprogramm. Die Neugierde seiner Hauptfigur Charlotte Nöhrer – Neo-Winzerin und ehemalige Polizistin, die zehn Jahre in der Josefstadt auf Streife ging – ist nicht zu bremsen.

Frau mit langen Haaren, die davon fliegen - schwarz weißMelamar zählt zu den spannensten Autorinnen der Josefstadt

Heldinnen und Helden

Im Verlag Wortreich erschien auch „Bukuríe“ von Melanie Marschig alias melamar Die gebürtige Klagenfurterin ist schon viele Jahre in der Josefstadt zu Hause. Sie ist als Mitbegründerin der Kunstplattform „farce vivendi“ auch literarische Impulsgeberin. Mit ihren Romanfiguren – Rita, deren Freund Pablo sowie die mittellose Asylwerberin Bukuríe – taucht man in die Welt Südosteuropas mit ihren Konflikten, Weisheiten und Traumata ebenso ein wie in die Josefstadt, wo Rita den Altwarenladen ihrer Tante übernommen hat. Ein Roman, der sehr gefühlvoll unserer Welt nachspürt: zwischen Erfolg und Versagen, zwischen Vorurteilen und Klugheit. Ein Buch, das nicht besser in unsere Zeit und unser urbanes Leben passen könnte.

In der Corona-Krise haben Heldinnen und Helden Hochkonjunktur. Umso treffender der Buchtitel der in der Josefstadt beheimateten Autorin Barbara Neuwirth: „Helden. Heldin. Superhelden” – ein Buch für alle, die Helden haben und Helden im Leben brauchen. Barbara Neuwirth rückt Heroinnen und Heroen aller Lebensbereiche ins Licht.
Kürzlich ist der renommierte Residenz-Verlag aus Salzburg und der Wiener Drachengasse vollständig in die Lange Gasse übersiedelt. Dort ist genau zum Ausbruch der Krise der Debütroman „Über allem und nichts“ von Gunther Neumann erschienen. Der gebürtige Oberösterreicher lebt mit seiner Familie in der Josefstadt. Dieses „andere“ Urlaubsbuch führt uns nach Sri Lanka.

„Mit diesem furiosen und sprachlich ausgefeilten Buch voller intensiver, nahezu magisch aufgeladener Orts- und Landschaftsbeschreibungen vor einem hochaktuellen ökonomischen Hintergrund von prekären, teils ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen – Kehrseite des Billigtourismus – präsentiert Neumann eine faszinierende Charaktertiefenbohrung einer von Schmerz umgetriebenen, zutiefst unglücklichen und verletzten Glückssucherin…“ [Quelle: Alexander Kluy, literaturhaus.at]

Faszination Wasser

Wer sich gerne mit tollen Bildern auf Reisen begibt, kann sich beispielsweise mit den Fotobänden des Österreichischen Jagd- und Fischerei-Verlags in der Wickenburggasse wahre Naturerlebnisse ins Haus holen und etwa in Markus Zeilers „Urgestein“ gewaltige Gletscher und tiefblaue Bergseen bestaunen oder mit Christoph Schravens „Faszination Wasserwild“ in den Jahreszyklus von Tieren eintauchen.

Die Faszination der Stadt am Wasser lässt hingegen Peter Hassmann nicht los. Seine Kunstfotografie hält der Josefstädter in Bildbänden wie „Venezia“ fest, die er in seinem Verlag „arteimago“ veröffentlicht. Die Gedichte dazu steuert Horst Lothar Renner bei. Es sind fotografische Impressionen. „Das scharfe Bild ist eine Krücke für Blinde“, meint der Künstler, der mit Valie Export und vielen anderen österreichischen Kulturgrößen kollaborierte.

Ein Dutzend Bücher

Ingeborg Reisner: „Red ka Larifari“
Die Josefstädterin Ingeborg Reisner hat mit „Red ka Larifari“ eine Bestands- aufnahme des Wienerischen verfasst. Wörter oder Redewendungen, die in der gesprochenen Umgangssprache gänzlich oder zum Teil verschwunden sind, findet man in Reisners Buch. Empfehlenswert als Ergänzung vor allem für alle Zuagrasten, die sich ein Werk der führenden Dialektautoren dieser Stadt vornehmen.
▶ Buchhandlung Eckart, Josefstädter Straße 34. ISBN 978-3-9908446-0-1

Oskar Aichinger: „Fast hätt ich die Stadt verlassen“
Mit „Fast hätt ich die Stadt verlassen“, erschienen im am Friedrich- Schmidt-Platz beheimateten Picus Verlag, flaniert man auch mit Oskar Aichingers Touren an den Rand Wiens. Der Pianist und Komponist besteigt den Leopoldsberg und wandert durch die Schrebergärten auf den Schafberg. Er fährt über die Donau nach Stammersdorf, von wo aus er den Bisamberg bezwingt. Es ist eine Einladung mitzugehen, mitzudenken und mitzuschauen.
▶ www.picus.at, ISBN: 978-3-7117-2089-4

Karoline Cvancara: „Horak hasste es, sich zu ärgern“
Die Josefstädterin Karoline Cvancara hat zehn Jahre als Musikjournalistin gearbeitet und 1993 die Jazz-Zeitschrift „Jazz & More“ gegründet. Einen Großteil ihrer Kindheit verbrachte sie im Plattengeschäft ihrer Eltern in der Josefstädter Straße 99, das dort bis 2009 eine Institution war, vor allem für Jazzliebhaber. 2006 erschien ihr erster Roman „Schlaflos“ und 2015 gründete sie den Verlag Wortreich. In diesem erschien im selben Jahr ihr Roman „Am Tiefpunkt genial“ und 2018 folgte „Horak hasste es, sich zu ärgern“. Auf ihre Titelfigur Horak kam sie bei einem Besuch in ihrem Lieblingscafé, dem Hummel.
▶ www.verlag-wortreich.at, ISBN 978-3-903091-40-5

Ilse Kilic und Fritz Widhalm: „Wir fahren auf Urlaub …“
Mit viel Humor kann man mit der im Achten beheimateten Edition „Das fröhliche Wohnzimmer“ von Ilse Kilic und Fritz Widhalm auslüften: Ihr Comic über Urlaubsfreuden punktet mit dem treffendsten Ausgangsbeschränkungstitel; „Wir fahren auf Urlaub, damit sich die Wohnung von uns erholen kann.“
▶ „Wir fahren auf Urlaub, damit sich die Wohnung von uns erholen kann“, Ilse Kilic & Fritz Widhalm. ISBN 978-3-900956-97-4 www.dfw.at

Alle Bücher sind im gut sortierten Buchhandel der Josefstadt erhältlich.
In diesem Sinne wünschen wir fröhliches Blätterrauschen!


Ausgabe 02/2020