Josefstädter WEINgeschichte

Steht heute in der Josefstadt vor allem der Weingenuss im Vordergrund, so konnte man auf dem Gelände des heutigen achten Bezirks einst durch diverse Weingärten spazieren.

von Sandra Schäfer

Über einen langen Zeitraum war das Erscheinungsbild der heutigen Josefstadt landwirtschaftlich geprägt. Neben dem Rottenhof – einem auf der Höhe des Areals des Palais Auersberg gelegenen Gutshof – und der Trausenitmühle (Kreuzung Koch- und Skodagasse/Alser Straße) befanden sich auf dem Gebiet im Mittelalter lediglich ein paar Weinhüterhütten. Als wichtigstes Exportgut war Wein bis in die frühe Neuzeit zum großen Teil für den Wohlstand der Stadt verantwortlich. Lange Zeit war er zudem das meistkonsumierte Getränk der Bevölkerung – noch im Jahr 1730 lag der jährliche Konsum bei 160 Liter pro Kopf. Ausgeschenkt wurde der Rebensaft in den zahlreichen Kellern der Stadt. Wiener Bürger:innen verfügten über das Recht zum „Leutgeben“ (den Verkauf des selbst erzeugten Weins). Bewirtschaftet wurden die unterschiedlichen Weingärten von „Weinzierln“, Weinhauern sowie zahlreichen Wanderarbeitern. Um 1600 sollen von insgesamt 658 Haushalten in den Wiener Vorstädten (den heutigen Bezirken 2 is 9) 184 Familien vom Weinbau gelebt haben.

Mit dem Sieg über die Osmanen, die nach der Zweiten Osmanischen Belagerung von 1683 keine Bedrohung mehr für Wien darstellten, kam es im Anschluss zur starken Besiedelung der vor der Stadtmauer gelegenen Vorstädte. Als Folge verschwanden die Weingärten allmählich auch aus jenen Gebieten, die später zum Bezirk Josefstadt zusammengefasst wurden. Als letzter Weingarten innerhalb des einstigen Linienwalls (wo heute der Gürtel verläuft) gilt jener beim Gasthaus „Zum Rössel“. Haus wie Weingarten in der Josefstädter Straße Nr. 99 wurden 1883 demoliert. Nicht erhalten haben sich auch die Häuser „Zu den zwei Weinstöcken“ sowie der Weinkeller des Martin Mayer (Josefstädter Straße 93–97). Bereits im 18. Jahrhundert als Wirtshaus bekannt war auch das Gasthaus „Zu den drei Hackeln“ (Piaristengasse 50). Mit der Übernahme durch Franz Binder stieg es zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu einem der beliebtesten Weinlokale von ganz Wien auf. Zur damaligen Zeit erlaubt war allerdings auch noch der Ausschank von „Halb- und Kunstweinen“. Unter Beimischung diverser Ingredienzen versuchte so mancher Wirt, österreichische Weine in die beispielsweise im 18. Jahrhundert beliebten kraftvollen, süßen Weine aus Italien oder Ungarn zu verwandeln.

© derAchte/Winfried Sochor

Der Verkauf von ausländischen Weinen war seit dem Mittelalter (mit Ausnahmen) verboten. Wer, wie der in der Neudeggergasse 5 lebende Journalist Josef Richter in den Eipeldauer-Briefen schreibt, ein Glas italienischen Refosco genießen wollte, musste in ein „Gewürzgewölb“ gehen. Dass ausländische Weine auch bei Hof geschätzt wurden, verrät ein Blick ins Weinmuseum im Piaristenkeller. In der Weinschatzkammer werden noch heute Raritäten aus drei Jahrhunderten gelagert – darunter Tokajer und Madeiraweine, wie sie Kaiserin Sisi bevorzugte. Teile des rund 1.000 Quadratmeter großen Weinkellers sind im Rahmen von Führungen zu erwandern. Der Weg führt unter anderem vorbei an einem Weinfass aus dem Jahr 1816 – vermutlich das älteste in der Josefstadt erhaltene.

Keinerlei Spuren hinterlassen hat hingegen die Schaumweinfabrik „J. B. von Stallenberg“, die bis 1860 in der Josefstädter Straße 10 ihren Sitz hatte. Aus den Gläsern verschwunden ist der Sekt – ebenso wenig wie der Wein – in der Josefstadt deshalb aber noch lange nicht.

Erster Josefstädter Wein-Walk

Wien ist die einzige Metropole weltweit, die über einen nennenswerten Weinanbau verfügt. Jährlich werden in der österreichischen Hauptstadt an die 2,5 Millionen Hektoliter Wein geerntet. Auch die Josefstadt war einst wichtiges Weinanbaugebiet. Gemeinsam mit der „Kultourfüchsin“ und „Vienna with Locals“ sowie einer handverlesenen Auswahl an Weinexpert:innen begibt sich „derAchte auf eine Spurensuche zu dem beliebten Rebensaft. Unser Weg führt durch den 8. Bezirk – von versteckten Innenhöfen über historische Gassen und kunstvoll gestaltete Sakralräume bis hin zu einem über 100-jährigen Weinstock. Erfahren Sie Interessantes und Unbekanntes zur Bezirksgeschichte sowie zum Weinanbau generell. Welche Weinsorten waren und sind für Wien typisch? Und wo und wie pflegt(e) man welchen Wein zu trinken? Verkostung inklusive!

6/Okt/2023, 16.30h. Dauer: 2,5 Stunden. Treffpunkt: Innenhof des „Hapimag“. 8., Neudeggergasse 16–18. Kosten: € 49 pro Person (für Abonnent:innen von „derAchte“: € 33)  Inkludiert sind Wein und Snacks sowie ein geführter Bezirksrundgang mit einem zertifizierten Austria-Guide.
Anmeldung: office@derachte.at